Schritt für Schritt
Wie die Migrationsberatung beim Ankommen in München unterstützt

Eine Wohnung finden, eine Arbeit und Freunde, die Sprache lernen, sich mit Behörden auseinandersetzen – das sind nur ein paar der Herausforderungen, denen sich Menschen stellen müssen, wenn sie ein neues Leben in einem neuen Land beginnen.
Auch Tatiana Jalba weiß, was das bedeutet. 2017 kam sie aus der Republik Moldau nach München, um sich in Deutschland ein Leben aufzubauen. Auslandserfahrung hatte sie da bereits, hatte für Projekte in Italien und Frankreich gearbeitet. Zwei Studienabschlüsse in Sozialer Arbeit und Jura hatte sie im Gepäck. Ihr Ziel: Sie möchte als Sozialpädagogin in München Fuß fassen. Aber wie das klappen sollte, das war gar nicht so leicht herauszufinden.
Ziel vor Augen
Ilze Litenboka ging es selbst nicht anders, als sie im Jahr 2010 von Lettland nach Deutschland kam. Heute arbeitet sie als Migrationsberaterin bei der Diakonie München und Oberbayern. Sie unterstützt Migrant*innen wie Tatiana Jalba dabei, herauszufinden, was die passenden Schritte in ihre Zukunft sind. Dabei sei es wichtig, dass die Klient*innen ein Ziel vor Augen haben, das sie erreichen möchten oder zumindest einen Wunsch. "Ich kann nur Vorschläge machen, eine Richtung zeigen. Die Entscheidungen, wie es weitergeht, liegt aber immer bei den Klient*innen", betont die Beraterin.
Von Russisch zu Deutsch
Als Tatiana Jalba zu ihr in die Beratung kam, machten sie zuerst einmal eine Kompetenzanalyse. Den Studienabschluss hatte sie ja in der Tasche, allerdings muss er in Deutschland auch anerkannt werden. Dafür brauchte die 31-Jährige aber ein Zertifikat, dass sie den Sprachkurs B2 erfolgreich absolviert hat. Was, wie, wann zu tun ist, dafür legen die beiden Frauen gemeinsam in der Beratung einen Entwicklungsplan fest.
Tatiana Jalba besuchte Integrations- und Deutschkurse, machte einen Führerschein und arbeitete in einem russischen Supermarkt als Kassiererin. Anfangs spricht sie auch mit Ilze Litenboka in der Beratung noch Russisch. Das gibt ein Stück Sicherheit, die Sprache ist für viele Menschen aus den Ländern Ost- und Südosteuropa nach wie vor eine lingua franca. Später wechseln sie zu Deutsch.
Wenn sie einen Tag frei hat, absolviert Tatiana Jalba kurze Hospitanzen in verschiedenen Berufen, zum Beispiel bei einem mobilen Pflegedienst. "Es ist wichtig, sich verschiedene Branchen anzuschauen", erklärt Ilze Litenboka. Schließlich seien die oft ganz anders organisiert als im Heimatland.
Mehr als jede*r vierte Münchner*in hat keinen deutschen Pass
Diese Erfahrung machen in München viele Menschen: Mehr als jede*r Vierte hat keinen deutschen Pass, fast die Hälfte hat einen so genannten Migrationshintergrund. Hinter dem sperrigen Begriff aus der Statistik verbergen sich ganz unterschiedliche Biografien. Zum Beispiel Menschen, die selbst nach Deutschland eingewandert sind oder von denen ein Elternteil eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, Kinder, die aus dem Ausland adoptiert wurden, Spätaussiedlerinnen, Menschen mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
Dass soziale und politische Integration vor allem über den Arbeitsmarkt gelingt, davon ist Andrea Betz, sozialpolitische Vorständin der Diakonie München und Oberbayern überzeugt. Darum seien Angebote wie die Migrationsberatung auch so wichtig. Sie sagt: "Nach meiner Erfahrung sind die meisten Migrantinnen und Migranten mutige, oft junge Menschen, die etwas aus ihrem Leben machen wollen." Das müsse man fördern. Andrea Betz ist sich der Herausforderung bewusst: "Inklusion wird sich nicht einfach so einstellen, sie ist ein fortwährender Prozess."
Dessen ist sich auch Tatiana Jalba bewusst: "Wenn du ein Ziel hast, das du erreichen möchtest, dann musst du auch viel dafür tun", sagt sie. Rund vier Jahre ist es mittlerweile her, dass sie das erste Mal zu Ilze Litenboka in die Beratung kam.
"Menschen wie Tatiana haben eine Vorbildfunktion"
Ihre Erfahrungen gibt sie inzwischen an junge Migrant*innen weiter. Sie engagiert sich ehrenamtlich im Patenschafts-Projekt "Miteinander Brücken bauen" der Diakonie München und Oberbayern. Die Freiwilligen dort helfen zum Beispiel bei der Suche nach einer Beschäftigung, einer Wohnung oder begleiten bedürftigen Migrant*innen beim z.B. Hausarzt oder zur Bank, oder helfen jugendlichen Migrant*innen bei den Hausaufgaben. Die meisten Paten haben wie sie eine Migrationsbiografie. Das sei schon ein kleines Plus, findet Ilze Litenboka. "Menschen wie Tatiana haben eine Vorbildfunktion. Sie können sagen: ‚Schau mal, ich war damals auch in deiner Situation. Ich hatte auch diese Schwierigkeiten, aber jetzt stehe ich hier. Du kannst das auch. Das geht. Man muss Schritt für Schritt weitergehen.‘"
Tatiana Jalba geht jeden Tag ein bisschen weiter: Im vergangenem Jahr hat sie eine Stelle im Treffpunkt International der Diakonie München und Oberbayern gefunden, ganz in der Nähe ihrer ersten eigenen Wohnung in München, die sie kurz zuvor bezogen hat. 28 Quadratmeter mit eigener Küche. Inzwischen wurde sie die Prüfung Deutsch B2 geschrieben und weitere Termine bei der Hochschulen vereinbart. Ihr Ziel ist in Sichtweite.
Beratung und Begleitung
Für Menschen in allen Lebenslagen bietet die Diakonie München und Oberbayern ein breites Beratungsspektrum an.

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