Drei Fragen an...

Andrea Betz zur Inflation

Andrea Betz fordert zielgerichtete Hilfen der Bundesregierung.

Bei seiner Sitzung am 24. August hat der Feriensenat des Stadtrats beschlossen, die Armutsgefährdungsschwelle zu erhöhen. Damit können bereits zum 1. September mehr Haushalte als bisher freiwillige finanzielle Unterstützungsangebote der Landeshauptstadt wie etwa den München-Pass in Anspruch nehmen. Diakonie-Vorständin Andrea Betz fordert weitere Schritte von der Bundesregierung.

Der Münchner Stadtrat hat beschlossen, die Einkommensgrenzen für Menschen, die als armutsgefährdet gelten, vorzeitig zu erhöhen. Damit können Sie finanzielle Entlastungen wie den München-Pass oder den kommunalen Stromkostenzuschuss erhalten. Wie schätzen Sie dieses Signal ein?

Wir erleben gerade, dass viele Menschen, die steigenden Lebenshaltungskosten nicht mehr auffangen können. Besonders betroffen sind Geringverdienende, und Sozialleistungsempfänger*innen: Erwerbslose, Alleinerziehende und auch Senior*innen, die oft nur eine kleine Rente haben. Die neue Armutsgefährdungsschwelle für München liegt jetzt bei einem monatlichen Netto-Einkommen von 1540 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt. Das entspricht ja keineswegs unrealistischen Gehältern. Armut ist auch nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Mit Mühe und Not schaffen es viele Menschen, ihre Wohnung zu halten, aber müssen dann an anderen Enden sparen: beim Heizen, beim Essen, bei der Kleidung, bei den Kindern oder der Bildung. Es kann nicht sein, dass die Menschen jetzt krank werden vor lauter Sorgen. Denn Armut hat oft auch Auswirkungen auf die Gesundheit. Es kann nicht sein, dass die Menschen jetzt krank werden vor lauter Sorgen. Denn Armut hat oft auch Auswirkungen auf die Gesundheit. Darum ist die Entscheidung des Stadtrats, die Grenze zu erhöhen, ein absolut richtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber wir brauchen natürlich noch weitere Entlastungen.

Wie können diese aussehen?

Es ist jetzt sehr wichtig, dass durch steigende Nebenkosten niemand in die Wohnungslosigkeit und damit in die absolute Armut abrutscht, weil er oder sie die Miete nicht mehr zahlen kann. Von Seiten der Bundesregierung braucht es jetzt zielgerichtete Hilfe, die Menschen langfristig unterstützt und nicht nur für einen Moment oder Monat. Das soziale Sicherungssystem muss jetzt greifen. Aus meiner Sicht sind das wichtige Investitionen für unseren sozialen Frieden. Langfristig muss das soziale System aber so umgebaut werden, dass kein Mensch mehr armutsgefährdet ist. Ich halte Bildung hier für einen ganz wichtigen Baustein, um Armut dauerhaft zu verhindern. In der aktuellen Krise brauchen wir auch eine gute soziale Beratung für Menschen, die Zukunftsängste haben, also Berater*innen, die beispielsweise beim Energiesparen unterstützen und wissen, wie Menschen mit geringem Einkommen Zuschüsse für energiesparendere Haushaltsgeräte bekommen. Sie können mit ihrem Fachwissen auch unterstützen, wenn ein Haushalt in eine existenzbedrohende Lage kommt.

Die aktuellen Preissteigerungen betreffen aber nicht nur Privathaushalte, sondern auch Unternehmen. Wie bereitet sich die Diakonie München und Oberbayern auf höhere Kosten im Energiesektor vor?

Natürlich sind wir auch als Diakonie in unseren diversen sozialen Einrichtungen von den steigenden Energiepreisen betroffen und bedroht. Zum einen setzen wir unseren Fokus natürlich auf energiesparendes Handeln. Zum anderen braucht es die schnelle Zusage der Kostenträger, dass die Mehrkosten für die sozialen Angebote finanziert werden. Zuschüsse und Entgelte müssen dafür neu berechnet werden. Wir stehen dazu in Gesprächen mit den Kostenträgern. Aus der Stadt München gibt es dankenswerter Weise schon positive Signale.

von: Interview: Christine Richter