Geplante Energieberatungshotline
So bereitet sich das Team vor

Was ist, wenn ich meine Energiekosten nicht begleichen kann? Wo kann ich Unterstützung bekommen? Diese Fragen beschäftigen aktuell viele Menschen mit engem finanziellen Spielraum. Um sie aufzufangen, plant die Landeshauptstadt in Kooperation mit der Diakonie München und Oberbayern eine Hotline zur Energieberatung. Sozialpädagogin Kerstin Reichhart erklärt, wie sich das Team der Hotline schon jetzt vorbereitet.
Frau Reichhart, Sie managen derzeit schon die Ukraine-Hotline der Diakonie München und Oberbayern. Ab Dezember übernehmen sie auch die Leitung der geplanten Energieberatungshotline. Welchen Mehrwert bietet eine Hotline überhaupt. Findet man nicht alle Informationen heutzutage im Internet?
KERSTIN REICHHART: Wir müssen uns bewusst sein, dass wir viele Menschen außen vorlassen, wenn wir allein auf eine digitale Kommunikation setzen. Besonders alte Menschen, die wenig Zugang zu sozialen Medien oder dem Internet haben, bekommen mit einer Hotline die Möglichkeit alles über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten zu erfahren. Außerdem können die Müncher*innen bei unserer geplanten Hotline auch ihre Probleme und Ängste mit engagierten Mitarbeitenden teilen. Das Angebot ist ja unverbindlich und anonym. Damit ist gleichzeitig eine erste Hemmschwelle überwunden, sich Hilfe zu holen. Die Anrufer*innen sollen bei uns unbürokratisch und schnell erste Informationen und Hilfestellungen im Umgang mit hohen Energiekostenrechnungen erhalten. Zudem kann unser Team Unsicherheiten und Fragen schnell und unkompliziert aus dem Weg räumen. Durch das Gespräch mit unseren professionellen Kolleg*innen kann auch geklärt werden, ob möglicherweise noch weiterer Anspruch auf Unterstützungsleistungen besteht und ob noch Hilfeleistungen beantragt werden können, um die finanzielle Situation der Anrufer*innen zu verbessern. Ein Haushalt, der bislang keine Sozialleistungen bezieht, aber eine hohe Nachzahlung für Strom tätigen muss, kann zum Beispiel berechnen lassen, ob ihm im Monat der Fälligkeit eine einmalige Kostenübernahme für Strom zusteht, etwa durch das Jobcenter. Besonders für Menschen, die wenig finanzielle Spielräume haben, könnte dies eine große Entlastung sein.
Neben der Ukraine-Hotline wird Sozialpädagogin Kerstin Reichhart künftig auch die Energieberatungshotline managen. Foto: Diakonie München und Oberbayern
Aus der Erfahrung mit der Ukraine-Hotline wissen wir, dass sich diese auch als eine Art Frühwarnsystem etabliert hat. Erwarten Sie das auch für die Energieberatungshotline?
Ja, unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass in der Hotline vermehrt Fragen auftauchen, auf die es noch keine Antworten gibt und wo es organisatorischen, sozialen und politischen Handlungsbedarf gibt. Wir erwarten das auch bei der Energieberatungshotline. Wir - und damit auch die Landeshauptstadt München - werden hier sehen, wo der tatsächliche Bedarf der Münchner*innen in dieser Krise liegt und auch welche Schwierigkeiten man im ersten Augenblick möglicherweise nicht erkannt hat. Das gibt uns, aber auch Politik und der Verwaltung die Möglichkeit, gezielt zu reagieren.
Wie bereiten Sie sich angesichts der vielen Unsicherheiten in der Energie-Krise auf die geplante Beratung vor?
Als Diakonie stehen wir in einem wöchentlichen Austausch mit der Landeshauptstadt, den Stadtwerken und anderen Wohlfahrtsverbänden. Dabei geht es derzeit vor allem um den geplanten Wärmefonds der Stadt München, der einkommensschwache Haushalte unterstützen soll, die steigenden Energiekosten zu bewältigen. Wir erstellen gerade Fact-Sheets mit allen wichtigen Informationen rund um die Themen Energie, Energiekostenzuschüsse und den Wärmefonds und führen intensive Einarbeitungsgespräche mit uns Mitarbeiter*innen. Wichtig ist uns auch, auf dem neuesten Stand zu bleiben. Momentan ändert sich ja fast täglich etwas.
Als Sozialpädagogin sind Sie mit vielen sozialen Fragen vertraut. Dennoch stehen bei der Energieberatungshotline sicher andere Themen im Fokus als bei der Ukraine-Hotline.
Das ist sicher so. Deshalb habe ich eine Weiterbildung zum Coach für Sozialleistungen absolviert. Hier habe ich mich noch einmal intensiv mit Sozialleistungen wie dem Arbeitslosengeld I und II, Wohngeld, Kindergeld, BaföG und der Grundsicherung beschäftigt.
von: Interview: Christine RichterÜber den Wärmefonds der Landshauptstadt München
Der Wärmefonds soll Bürger*innen mit geringem Einkommen dabei unterstützen, die gestiegenen Energiekosten besser zu bewältigen und sie vor Energiearmut zu bewahren. Die Stadtwerke München haben dafür Mittel von 20 Millionen Euro bereitgestellt. Die organisatorische Umsetzung und Auszahlung aus diesem Fonds soll in Kooperation von Stadt und Trägern der Freien Wohlfahrt erfolgen. Antragsberechtigt sind alle Personen, deren monatliches Nettoeinkommen unterhalb der aktuellen Armutsgefährdungsschwelle liegt und die keine Sozialleistungen aus dem SGB II und XII beziehungsweise Asylbewerberleistungen beziehen. Die Armutsschwelle für einen Ein-Personenhaushalt liegt aktuell bei 1.540 Euro, für einen Zwei-Personenhaushalt bei 2.310 Euro und für eine Familie mit einem Kind unter 14 Jahren bei 2.770 Euro. Bürger*innen können die Anträge ab Januar 2023 an verschiedenen Anlaufstellen der Freien Wohlfahrtspflege und in den städtischen Sozialbürgerhäusern stellen.
Über die geplante Energieberatungshotline
Die Energieberatungshotline soll in den nächsten Wochen starten. Grundsätzlich können sich alle Münchner*innen an das Team wenden. Das Angebot richtet sich vor allem an Menschen, die aufgrund der Energiekrise in finanzielle Nöte geraten sind. Dabei spielt keine Rolle ob sie Sozialleistungen beziehen oder nicht.