"Es ist wichtig, aus dem Krisenmodus zurückzuschalten"

#AufUnsAchten

Barbara Thoma ist eine der Leiterinnen der Bahnhofsmission München.

Die Bahnhofsmission München hat erst kürzlich ihr 125-jähriges Bestehen gefeiert. Barbara Thoma ist eine der beiden Leiterinnen. Sie trifft im Job jeden Tag auf Menschen mit schweren Schicksalen, zum Beispiel auf wohnungslose oder geflüchtete Menschen. Im dritten Teil der Serie gibt sie wertvolle Tipps, wie es gelingen kann, dass die Arbeit nicht zur Belastung wird.

Frau Thoma, zu Ihnen in die Bahnhofsmission kommen Menschen mit sehr unterschiedlichen und teilweise auch sehr schweren Schicksalen. Wie ist das, wenn Sie abends nach Hause gehen: Wie schalten Sie ab?

Was hilft, ist natürlich die Berufs- und Lebenserfahrung. Da habe ich früher sicher mehr mit nach Hause genommen als heute. Mir tut es zum Beispiel gut, wenn ich nach Hause laufe. Das sind so knapp drei Kilometer. Das ist gut, um abzuschalten und auch wieder auf andere Gedanken zu kommen. Ich kenne auch viele Sozialarbeiter*innen, die sagen: Abends brauche ich nicht mehr viele Kontakte. Oft möchte man nach der Arbeit nicht mehr so viel hören oder sehen. Auf der anderen Seite können Kontakte natürlich helfen, auch auf andere Gedanken zu kommen. Da muss man einfach je nach Situation schauen, was man gerade braucht.

Sie haben gesagt, dass sie früher mehr mit nach Hause genommen haben, als heute. Was würden Sie denn Ihrem früheren Ich rückblickend raten?

Ich würde immer empfehlen, sich auch mit denjenigen auszutauschen, die einen ähnlichen oder den gleichen Job machen. Sie verstehen, worum es geht. Im Job erleben wir oft absurde Situationen. Das können andere, die diesen Job nicht machen, oft nicht 100-prozentig nachvollziehen, weil es vielleicht verrückt klingt oder ganz weg von der Welt. Darum ist der Austausch im Team ist so wichtig. Dort trifft man auf Verständnis für diese besonderen Situationen. Der gute Kontakt im Team trägt einen letztendlich.

Die Bahnhofsmission erinnert in diesem Jahr an ihre Gründung vor 125 Jahren. Das bedeutet viel Erfahrung im Umgang mit Krisen. Wie meistern Sie solche Krisen im Team?

Gerade in Krisenzeiten langt jeder einfach hin. Da ist jeder da und unterstützt, gerade auch die Ehrenamtlichen. Es ist wichtig, Maßnahmen auch im Team zu besprechen. Das galt zum Beispiel für die Maskenpflicht. Die haben wir eingeführt, bevor es überhaupt eine gesetzliche Regelung gab. Solche Regelungen werden dann viel leichter mitgetragen. In der Not sind wir da, machen jeden Tag mehr. Es ist aber auch wichtig, irgendwann wieder aus dem Krisenmodus zurückzuschalten. Wir sind als Bahnhofsmission auch ein Seismograph für gesellschaftliche Entwicklungen. Das heißt, wenn wir Probleme sehen, benennen wir sie klar. Daraus sind in der Vergangenheit schon mehrere Einrichtungen entstanden, etwa das Schiller 25, als Anlaufstelle für den Übernachtungsschutz in der Bayernkaserne und Beratungsstelle für wohnungslose Menschen aus der EU.


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