"Ich bin viel in den Bergen unterwegs"
#AufUnsAchten
Lars-Joachim Morcher hat seinen Traumjob gefunden: Er ist Pflegefachkraft. In der Hochphase der Pandemie geriet die Arbeit dennoch zur Belastung. Im Interview erzählt der stellvertretende Wohnbereichsleiter aus Evangelischen Pflegezentrum Planegg, was ihm durch die Herausforderungen geholfen hat – und wie er abschaltet.
Herr Morcher, die Hochphase der Corona-Pandemie war gerade für Menschen in Pflegeberufen eine anstrengende Zeit. Wie haben Sie diese Phase erlebt?
Die Arbeitsbelastung war natürlich enorm, weil auch viele Kollegen und Kolleginnen erkrankt sind und die anderen dafür einspringen mussten - teils gingen die Schichten notgedrungen deutlich über die normale Arbeitszeit hinaus. Aber die körperliche Belastung ist nur die eine Seite, es war auch eine hohe psychische Belastung. Den Bewohnerinnen und Bewohnern ging es nicht gut, weil sie isoliert waren und keine Angehörigen und Besucher kommen durften. Dazu die Arbeit in Kittel und Maske: Teils haben mich die Bewohnerinnen und Bewohner mit demenzieller Vorerkrankung nicht erkannt, so dass ich die Nähe und das Vertraute, das sie brauchen, nicht geben konnte.
Das klingt nach einer schwierigen Zeit.
Ich bin eigentlich sogar recht gut über die Zeit gekommen. Vor allem, weil ich den Zusammenhalt im verbliebenen Team gespürt habe. Es war allen wichtig, dass wir 100 Prozent geben – das hat natürlich motiviert. Und das hat es möglich gemacht, dass ich mehr geleistet habe, als ich dachte, leisten zu können.
Und wie haben Sie diese Herausforderungen ganz persönlich bewältigt?
Es war eine einsamere Zeit. Es gab ja die Ausgangssperre und ich habe mich daran gehalten, viel zuhause zu bleiben und die privaten Kontakte einzuschränken. Ich wollte ja weder meine Familie anstecken, noch Corona ins Pflegezentrum bringen und den Bewohnerinnen und Bewohnern schaden. Da habe ich mich dann zuhause beschäftigt, Bücher gelesen oder tagsüber einen Spaziergang gemacht.
Ist das auch generell eine Ihrer Kraftquellen?
Wichtig sind auch die Familie und die Partnerin. Aber ich beziehe auf jeden Fall viel Kraft aus der Natur, ich bin viel in den Bergen unterwegs - alles, was mit den Bergen zu tun hat, ist ein guter Ausgleich für mich. Genauso wie Joggen oder Radfahren: In der Arbeit staut sich manchmal einiges an, dann radle ich heim. Das hilft, stressige Situationen zu verarbeiten.
Haben Sie nach den vergangenen schweren Jahren einen Ratschlag, um in anstrengenden Zeiten die eigenen Kräfte zu bewahren?
Auf sich achten und einen Ausgleich finden. Sport machen, um die Arbeit mental verarbeiten zu können. Denn ich denke schon viel über die Arbeit nach. Die Pflege ist mein Traumberuf, aber für mich ist das Gleichgewicht wichtig. Dazu gehört für mich, jeden Abend einfach etwas für sich tun und zwei bis drei Stunden bewusst nicht an die Arbeit denken.
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