Eröffnung neuer Jugendhilfe-Angebote in Haar
"Hier leben wir Inklusion"

Kinder und Jugendliche, die eine besondere Förderung brauchen, finden oft keinen Platz in einer Heilpädagogischen Tagesstätte oder in Wohngruppen, wenn sie sie zusätzlich eine körperliche Behinderung und/ oder Sinnesbeeinträchtigungen haben. Für sie gibt es nun Raum im inklusiven Haus in Haar, das Kirche und Diakonie gemeinsam eröffnet haben.
Noch versperrt eine große rote Schleife den Eingang zum inklusiven Haus in Haar. Andrea Betz (Vorstandssprecherin der Diakonie München und Oberbayern) und Kirchenrechtsdirektor Florian Baier (Leiter des Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeindeamtes München) lösten das Band am vergangenen Freitag und eröffneten damit ein gemeinsames Vorzeigeprojekt von Kirche und Diakonie in der Metropolregion. Das Team des Geschäftsbereichs Kinder, Jugend und Familie feierte die Einweihung des Gebäudes mit Vertreter*innen aus Kirche, Diakonie, Politik und Verwaltung.
Jugendhilfeangebote und Mitarbeiterwohnen unter einem Dach
Der Neubau befindet sich auf einem Grundstück der Jesuskirche, finanziert hat ihn die Gesamtkirchengemeinde München. Eine Spende der "truma stiftung Renate Schimmer-Wottrich" ermöglichte die Anschaffung von Gartenspielgeräten, Kinderzimmermöbeln sowie von pädagogischen und therapeutischen Materialien.
Die Diakonie München und Oberbayern war von Anfang an in die Planung involviert und baut derzeit mehrere Jugendhilfeangebote in dem Gebäude am Fasanenweg auf: eine Heilpädagogische Tagesstätte für Vorschul- und Schulkinder der Region, eine inklusiv-therapeutische Wohngruppe für Kinder und Jugendliche sowie Verselbständigungsgruppen für junge Männer ab 16 Jahren. Im Obergeschoss befindet sich zudem eine Wohngemeinschaft mit vier Zimmern für Mitarbeitende der Diakonie München und Oberbayern.
Komplett barrierefrei und rollstuhlgerecht
Vorstandssprecherin Andrea Betz betonte bei der Einweihung den inklusiven Charakter des Hauses: "Unter diesem Dach finden alle einen Platz. Hier leben wir Inklusion. Inklusion heißt für uns, dass wir Miteinander statt Nebeneinander arbeiten und auch hier zusammenleben."
Dieser Gedanke spiegelt sich auch in der Konstruktion des Hauses: Das Haus ist komplett barrierefrei und rollstuhlgerecht gebaut. Dies ermöglicht es auch Kindern und Jugendlichen mit körperlicher Behinderung und/ oder Sinnesbeeinträchtigungen, die Jugendhilfe-Angebote in Anspruch zu nehmen. Denn hier stoßen Familien häufig auf Herausforderungen: Kinder und Jugendliche, die eine heilpädagogische Förderung brauchen – etwa weil sie eine Autismus- oder ADHS-Diagnose haben – finden oft keinen geeigneten Platz, wenn sie zusätzlich eine körperliche Behinderung und/ oder Sinnesbeeinträchtigungen haben. Für sie gibt es in der barrierefreien Tagesstätte nun endlich eine Fördermöglichkeit.
Beste-Practice-Modell im Rahmen von "Inklusion jetzt"
Ähnliches gilt für Kinder und Jugendliche, die nicht mehr bei ihren Familien leben können und in eine Wohngruppe ziehen. "Inklusiv-therapeutische Wohngruppen gibt es viel zu selten“, so Betz. „Darum freut es mich besonders, dass mit unserer Wohngruppe Regenbogen nun auch ein neues Best-Practice-Modell im Rahmen des Projekts ‚Inklusion jetzt‘ an den Start geht."
Das inklusive Haus befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Jesuskirche und der Evangelischen Kindertagesstätte, diese teilt sich mit der Tagesstätte eine große Spielfläche. Die Entscheidung, in dem Neubau Einrichtungen der Jugendhilfe unterzubringen, haben Gemeinde und Dekanat bewusst getroffen.
Mehrwert für die Menschen in der Region schaffen
"Uns als Grundstückseigentümern ist es ein besonderes Anliegen, freie kirchliche Flächen nicht nur nicht zu bebauen, sondern einen Mehrwert für die Menschen in der Region zu schaffen. Unser Ertrag ist die Unterstützung von Menschen in all ihren besonderen Lebenslagen", betont Kirchenrechtsrektor Baier.
Mit dem baulichen Konzept würden drei wichtige Zukunftsziele der Kirche verwirklicht, so Baier. Diese seien: die Konzentration des kirchlichen Gebäudebestandes in enger Abstimmung mit den Kirchengemeinden vor Ort, gelebte Partnerschaft zwischen Kirche und Diakonie und eine Kirche, die nah bei den Menschen ist.
Gelungenes Beispiel für nachhaltiges Bauen Der Neubau ist ein Entwurf des Architekturbüros Kammerl + Kollegen. Erst kürzlich hat die Bayerische Architektenkammer den Bau mit dem Prädikat der KlimaKulturKompetenz 2023 im Bereich "Energieeffizienz" ausgezeichnet. Zudem wurde das mit Lindenholz verkleidete Haus von der Bayerischen Architektenkammer in die Architektouren 2023 aufgenommen – als besonders gelungenes Beispiel für nachhaltiges Bauen. Geplant wurde er lange vor der Pandemie. Gebaut wurde seit 2021. In dieser Phase gab es eine Reihe von Herausforderungen zu meistern: schlechte Verfügbarkeit von Baumaterialien, in Quarantäne befindliche Bautrupps und am Ende die noch erheblichen Preissteigerungen insbesondere bei dem Baumaterial Haus und gesteigerte Energiepreise.
Deshalb wurde das Gebäude später als geplant eröffnet. Jetzt füllt es sich mit Leben. Ein Grund zur Freude, wie Andrea Betz erklärt: "Wenn wir durch dieses Haus gehen, dann wissen wir, für wen es konzipiert und gebaut wurde: für Kinder und junge Menschen, die, obwohl sie so jung sind, oft die Erfahrung gemacht haben: Ich bin anders, irgendwie gehöre ich nicht dazu. Hier an diesem Ort, in diesem Haus, unter diesem Dach und in Nachbarschaft mit der Gemeinde, sollen sie eine andere Erfahrung machen. Wir sagen ihnen: Du bist du und du gehörst dazu."
Diakonie München und Oberbayern - Innere Mission München e.V.
Landshuter Allee 40
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